Das Leben von Marlies Kadach spielt sich in schwarz-weiß ab. Um ihren Hof am Rand von Duvenstedt tummeln sich 40 überwiegend gescheckte Pferde auf den Koppeln. Auf einer genießt ein wahres Juwel das frische Gras: Pongo, Stamm-Hengst der europäischen Zucht für Irish Tinker – einer Rasse, die bis Mitte der 1990er Jahre nahezu unbekannt war. Die markanten Schecken mit der wallenden Mähne und den auffälligen Fellpuscheln an den Beinen waren ursprünglich Arbeits- und Zugpferde fahrender Völker in England und Irland und haben sich in den vergangenen Jahren überall zu beliebten und begehrten Freizeitpartnern entwickelt. Robust, zuverlässig und menschenbezogen sind die Vierbeiner mit ihrem ausgeglichenen Charakter ideale Familienpferde für entspannte Ausritte oder Kutschfahrten – „eben beste Freunde fürs Leben“, wie die Züchterin zusammenfasst. In Pongo hat Marlies Kadach ihren Freund fürs Leben gefunden - die ungewöhnliche Geschichte birgt Stoff für einen Kinofilm. Unterwegs in Ostfriesland entdeckt die damals 29-Jährige auf einer Wiese einen gescheckten Hengst und ist verzaubert – „diese Rasse hatte ich noch nie gesehen.“ Zurück in Hamburg geht das Pferd der Werbedesignerin nicht mehr aus dem Kopf – wochenlang. Kurzentschlossen fährt sie wieder in den Norden und kauft nach zähen Verhandlungen mit einem sturzbetrunkenen Bauern das fast dreijährige Tier. Erst zuhause stellt sie fest, dass Pongo überall offene Wunden hat und päppelt ihn monatelang hoch. Doch nicht nur Marlies Kadach ist begeistert von dem außergewöhnlichen Junghengst, Freunde überreden sie, in Hamburg an einer Zuchtschau für gescheckte Pferde teilzunehmen. „Unser Auftritt war dilettantisch, dennoch bekam Pongo Höchstnoten und siegte mit Abstand“, erinnert sich die 48jährige heute. Viele weitere Siege folgten, in Frankfurt wurde der Schecke sogar zum Bundeschampion gekürt und mit der Deutschlandschärpe dekoriert. „Eigentlich hatte ich seine ‚Karriere’ als Ausreitpartner für mich gesehen, doch plötzlich besaß ich einen Elitehengst. An Kastration war nicht mehr zu denken, also machte ich mich auf die Suche nach geeigneten Tinker-Stuten für den Aufbau einer eigenen Zucht.“ 1999 gab es in Deutschland zwar viele gescheckte Pferde, aber die begehrten „echten“ Tinker fand Marlies Kadach erst auf einem ungewöhnlichen Pferdemarkt in den Bergen Nordenglands. Von dort traten jeweils fünf Stuten und Wallache die Reise nach Bergstedt an. Die Wallache waren innerhalb weniger Wochen verkauft, die Stuten begründeten die erfolgreiche Irish Tinker-Zucht „Of Source Valley“ - der Name ist eine Reminiszenz an den unmittelbaren Alsterlauf. Zwei bis fünf Fohlen kommen pro Jahr auf den großzügigen Weiden im Halenriggen zur Welt. „Auch mit seinen 22 Jahren bildet Ur-Vater Pongo mit den trächtigen Stuten bis zur Geburt einen harmonischen Herdenverband und erzieht ab Herbst die abgesetzten Fohlen zu folgsamen Junghengsten und braven Stütchen“, erzählt die Pferdefrau, die nicht aus Profitgedanken, sondern aus Idealismus zur Züchterin wurde. „Denn eigentlich mache ich alles nur, um Pongo glücklich zu machen.“ Nun macht sie mit seinen begehrten Nachkommen viele weitere Pferde und Pferdefreunde in ganz Europa glücklich. Claudia Blume