„Jeder Mensch hat etwas zu geben“ „ZusammenLeben“ bietet stationäre und ambulante Betreuung für beeinträchtigte Erwachsene - Beate Rudloff leitete Bildhauer-Workshop Konzentriert drückt Anja den Stempel mit der Elchfigur erst in den grünen Farbtopf, dann aufs Papier. Eine Reihe grüne Elche, eine Reihe blaue Sterne und wieder grüne Elche. In den Werkstätten von „ZusammenLeben“ in Bergstedt entsteht derzeit Weihnachtspapier, das in der Einrichtung sowie auf diversen Märkten im norddeutschen Raum verkauft wird. Jeder Bogen ist ein Unikat, entworfen und gearbeitet nach den Fähigkeiten und Vorlieben von Menschen mit Behinderung. Aus dem Impuls betroffener Familien und engagierter Förderer gründete sich 1988 der gemeinnützige Verein „ZusammenLeben“, um heranwachsenden Menschen mit Assistenzbedarf ein Zuhause zu schaffen. Eine erste Wohngruppe mit acht Bewohnern entstand im ehemaligen Kürschnerhaus gegenüber der Bergstedter Kirche. „Zwei weitere Häuser im Stadtteil sowie eines in Volksdorf bieten heute Platz für insgesamt 38 Klienten derzeit zwischen 18 und 65 Jahren. Zudem betreuen unsere Heilerziehungspfleger, Heilerzieher und Sozialpädagogen 30 Menschen ambulant in fünf Häusern, darunter auch im Haupthaus am Wohldorfer Damm 20“, erklärt Ulrike Benkat, Leiterin der Ambulanten Dienste von „ZusammenLeben“. Die anerkannten Werkstätten bieten 24 Klienten Arbeitsmöglichkeiten – der Garten- und Hofservice mit Sitz im Handwerkerhaus Bergstedt offeriert fachgerechte Beet- und Wegepflege, Rasenmähen, Hecken- und Gehölzschnitt sowie Brennholzverkauf im Winter. In der Textilwerkstatt werden Schlüsselbänder, Tischläufer und Dekoartikel gewebt, geknüpft und gefilzt. Neben Geschenkpapieren und Präsenttüten entstehen in der Perlenwerkstatt kunstvolle Ketten und Armbänder, zudem werden Bügelarbeiten für Privathaushalte übernommen. „Jeder Mensch hat etwas zu geben“, sagt Ulrike Benkat. Die Gestaltung der Lebensverhältnisse und die Begleitung von „ZusammenLeben“ orientieren sich am Ideal einer eigenverantwortlichen und selbstorganisierten Gesellschaft auf Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes Rudolf Steiners. „Wir legen Wert auf selbstbestimmtes Leben in strukturgebendem Rahmen“, erläutert Ulrike Benkat. Darunter verstehen sich wiederkehrende Abläufe wie gemeinsame Mahlzeiten oder das Feiern christlicher Jahresfeste. „Rhythmus verleiht Stabilität, die unseren Klienten im Alltag hilft“, bekräftigt die Sozialpädagogin. Mit einem umfangreichen Freizeitangebot werden Feierabend und Wochenende gestaltet. Neben Walking, Mosaikarbeiten oder Clownstheater stehen Ausflüge und Ferienreisen auf dem Programm. Vor einigen Wochen fand ein ganz besonderer Workshop statt. Beate Rudloff, Duvenstedter Optikerin und 1. Vorsitzende von Duvenstedt aktiv, weihte sechs Bewohner von „ZusammenLeben“ in drei Tagen in die Geheimnisse des Stein-Bildhauens ein. Zuvor hatte sie mit allen weiteren Mitgliedern des HASPA-Kundenbeirates Walddörfer beschlossen, eine soziale Einrichtung jeweils individuell mit „Zeitspenden“ zu unterstützen. Den Anfang machte Beate Rudloff: „Seit 16 Jahren ist Bildhauerei meine Leidenschaft, die ich gern mit anderen Menschen teile.“ Diesmal mit Luisa, Michael, André, Christian, Felix und Nikolai. „Es hat mich begeistert, mit welcher Freude und Ausdauer meine Teilnehmer bei der Sache waren“, schwärmt Beate Rudloff. Mit Hammer und Meißel wurde der Metzer-Sandstein bearbeitet (??? lt. Wikipedia Kordeler Sandstein), aus dem übrigens der Dom in Trier gebaut wurde. Nach intensiver, schweißtreibender Tätigkeit und letzten Schleifarbeiten konnten die stolzen Bildhauer ihre Werke bei einer kleinen Vernissage präsentieren. Verwandte, Nachbarn, Betreuer und Bewohner der Wohngruppen bewunderten Fisch, Eule, Hase, Elefant und Igel, die aus den Steinblöcken freigelegt wurden. Freudestrahlend hielt Felix (29) seine abstrakte Figur „Maria Magdalena“ in den Händen. Bei Kaffee und Kuchen konnten alle Gäste „Probekloppen“ und kamen zu der Erkenntnis: „Das macht Spaß, ist aber nicht einfach!“. „Ich durfte mit sechs wunderbaren Menschen zusammenarbeiten, die mein Herz berührt haben. Danke!“, resümiert Beate Rudloff gerührt.