Morgens Hamburg, mittags Rendsburg, nachmittags Norderstedt und abends Ahrensburg – Kanzlerkandidat Martin Schulz scheint sich im Eiltempo vorstellen zu wollen. Am Mittwoch vergangener Woche gab der Hoffnungsträger der SPD eine gut einstündige Stippvisite im Garstedter Coppernicus-Gymnasium, um mit Oberstufenschülern zu sprechen – recht praktisch, dass bei den anstehenden Landtagswahlen im Mai bereits 16-Jährige ihre Kreuzchen machen dürfen. Eine knappe Woche nach dem überraschenden Anruf aus Berlin hatte SPD-Ortsvorsitzende Katrin Fedrowitz Zeit zum Organisieren des hohen Besuches. „Martin Schulz als Europa-Politiker eine Bühne in unserer Europa-Schule zu bieten, passte perfekt“, erzählt die 44-jährige Landtagsabgeordnete. Und dann kam sie, die neue Lichtgestalt der Sozialdemokraten. Umringt von Bodyguards, fünf Kamerateams und Reportern aus ganz Deutschland bahnte sich Schulz einen Weg durchs Schulforum hin zur Aula, informierte sich an Projektständen über Erste-Hilfe-Maßnahmen und ließ sich den Blutdruck messen. „Er hat sich sogar in unsere Unterschriftenliste eingetragen, die sich gegen die Streichung der Kostenübernahme von Medikamenten für Mukoviszidose-Patienten einsetzt“, sagt eine Schülerin freudestrahlend. Auf dem Podium stellte er sich den Fragen von rund 120 Jugendlichen. Innere Sicherheit und Datenschutz, Flüchtlingspolitik und Abschiebung, Vermögenssteuer und Arbeitsplatzsicherheit – das Spektrum war groß und die gut Schüler vorbereitet. „Schließlich haben wir ab der achten Klasse das Fach Wirtschaft/Politik auf dem Lehrplan“, erklärt Schulleiterin Heike Schlesselmann stolz. Schulz nahm sich Zeit für jede Frage, überlegte länger, bevor er antwortete. Die AfD stehe für ihn auf einer Stufe mit der NPD, sei eine Schande für Deutschland und dürfe in unserer Verfassungsdemokratie nicht geduldet werden, sagte der Kanzlerkandidat mit Vehemenz und kritisierte die Rosinenpickerei einiger europäischer Staaten. „Finanzen ja, Flüchtlinge nein – so funktioniert die Europäische Gemeinschaft nicht.“ Ob er sich eine rot-rot-grüne Koalition vorstellen könne, fragte ein angehender Abiturient. Schulz schloss nichts aus: „Wer mit mir koalieren will, muss auf mich zukommen.“ Authentisch und sympathisch kommt der Polit-Profi bei den jungen Zuhörern an. „Gut möglich, dass ich meine Stimme der SPD gebe“, resümiert Erstwähler Lorenz, der damit im Trend liegt. Umfragen sehen die SPD bereits gleichauf oder leicht vor der CDU – „wir haben schon zwölf Neueintritte“, frohlockt Norderstedts SPD-Frau Fedrowitz und blickte verträumt den Rücklichtern des Limousine von Martin Schulz hinterher – der war längst wieder unterwegs, denn Deutschland ist groß und alle sollen ihn kennenlernen.