Die Gemeinde Tangstedt schreibt Geschichte und führt als Novum in Schleswig-Holstein die umstrittene Pferdesteuer ein. Bundesweit „trauten“ sich das bisher nur drei hessische Gemeinden. In Weißenborn wurde die Abgabe nach einem Jahr wegen Unrentabilität zurückgenommen, in vielen Orten bleibt es wegen Unübersichtlichkeit möglicher Kosten und Folgeschäden lediglich bei Überlegungen für eine Steuererhebung.
Fakt ist: Ab 1. Juli werden pro Jahr und Vierbeiner 150 Euro fällig. Das gilt für Fohlen ab sechs Monaten bis ins hohe Pferdealter – in der Gemeinde gibt es schätzungsweise etwa 700 Ponys und Pferde. Eine Ausnahme für Gnadenbrotpferde wie in Schlangenbad und Kirchheim gibt es in Tangstedt nicht, jedoch sind hauptberuflich genutzte Pferde etwa in Reitschulen oder Zuchtbetrieben befreit. Per Meldebogen in den örtlichen Reitställen oder online müssen die Besitzer ihre Tiere dem Amt Itzstedt melden. Falls das nicht geschieht, drohen bis zu 5000 Euro Geldbuße. Mit avisierten Einnahmen aus der „Aufwandsteuer“ von rund 100000 Euro soll das Haushaltsdefizit der Gemeinde in Höhe von 745000 Euro entlastet werden.
Pferdefreunde und Steuergegner hatten bis zuletzt versucht, die Einführung der Abgabe zu stoppen – in Gesprächen mit Gemeindevertretern und mit Demonstrationen; sie ließen sogar zwei juristische Gutachten erstellen, die eine Verfassungswidrigkeit belegen. Demnach ist die Pferdesteuer frauendiskriminierend und verstößt gegen das Sportfördergebot Schleswig-Holsteins. Und damit erhoffen sich Christina Pampel, Anja Granlien und ihre Mitstreiter ein schnellstmögliches Aus für die unliebsame Abgabe. Denn im Vertrag der Kieler „Jamaika-Koalition“ ist von einer Änderung des Kommunalabgabengesetzes und dem Verbot der Steuererhebung auf Sportarten die Rede. Möglich also, dass die neue Landesregierung Tangstedts Pferdesteuer wieder einkassiert – allerdings ist damit nicht vor Anfang kommenden Jahres zu rechnen.
„Falls nicht werden unter Vorbehalt zahlen und uns das Geld vor Gericht zurückholen“, kündigt Christina Pampel an. Sobald die Steuerbescheide vorliegen, wird die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Graf von Westphalen ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht Schleswig einleiten. „Wir haben einen Fonds eingerichtet und sind finanziell gut gewappnet“, versichert die Pferdebesitzerin. Einige andere haben dagegen bereits resigniert und ihre Vierbeiner in Ställen der Umgebung untergebracht. Die Betreiber der Reitsportanlagen in Tangstedt werden es wohl in Zukunft schwerer haben, ihre Boxen zu vermieten. Sie fürchten um ihre Existenz. Auch der wirtschaftliche Schaden für Futterhersteller, Schmiede, Reitsportgeschäfte und Tierärzte ist nicht absehbar. Pferdegemeinde Tangstedt – das war einmal.