Der Walddörfer Sportverein setzt sich als geförderter Stützpunktverein vielfältig in der Flüchtlingsarbeit ein
Sport ist eine Sprache, die ohne Worte auskommt. Sie ist international, multikulturell und überwindet alle Grenzen. Und so ist es für den Walddörfer Sportverein selbstverständlich, sich seit Gründung 1924 für Toleranz und Offenheit allen Menschen und Kulturen gegenüber einzusetzen und sich seit über 30 Jahren in der Flüchtlingsarbeit zu engagieren – unter anderem mit aktuellen Förderprogrammen wie „Kids in die Clubs“, das auch sozial benachteiligten deutschen Kindern offen steht.
Ausgezeichnet vom Hamburger Sportbund
„Seit April 2017 ist der Verein zudem Stützpunktverein des Programms ‚Integration durch Sport’ vom Hamburger Sportbund (HSB) und zählt somit zu 26 ausgezeichneten von rund 900 Vereinen in der Hansestadt, die zwei Jahre eine Förderung für die Arbeit mit Migranten erhalten“, berichtet der Integrationsbeauftragte Torsten Schubert. Mit dem einzigartigen Projekt „Gymnastik der Kulturen“ setzt der Verein Maßstäbe und wurde für die Idee des Frauensports in Kooperation mit einer Moschee als „Projekt des Monats“ vom HSB anerkannt.
Einmal in der Woche treffen sich rund zehn Frauen aus Syrien und Afghanistan, dem Iran und Irak mit Trainerin Anne Freese im Gymnastikraum des Walddörfer SV. „Wir machen lockeres Herz-Kreislauf-Training zu entspannter Chill-out-Musik, da die Damen im Alter von 50 plus in der Regel keinerlei Sporterfahrung haben und einige auch unter Übergewicht, Diabetes oder Arthrose leiden“, sagt die 35-jährige Physiotherapeutin. Ohne Kopftuch und mit viel Spaß an der Bewegung sind die Frauen bei den Übungen mit Bällen und Gewichten dabei – herzlich die Umarmungen für die Trainerin vor und nach der Sportstunde.
Sportbotschafter und Brückenbauer
Angeregt hat das ungewöhnliche Projekt Ali Reza Hassanzadeh. Der junge Afghane ist seit fünf Jahren in Deutschland und absolviert derzeit im Anschluss an ein Praktikum die Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann im Walddörfer SV. Mit der Taha e.V. Mahdee-Moschee in Wandsbek ist der 19-Jährige kulturell eng verbunden und fragte deren Gemeindemitglieder im Frühjahr, ob Interesse an Vereinssport bestünde. Obwohl diese Organisationsform vielen Migranten und Geflüchteten in ihren Heimatländern fremd ist, fanden sich gleich ein paar Interessierte – und so machen sich jeden Mittwoch immer mehr muslimische Frauen mit der U-Bahn auf den Weg nach Volksdorf.
Neben Torsten Schubert als Integrationsbeauftragter kommt Ali Reza im Stützpunktverein eine wichtige Rolle zu: Er fungiert als „Botschafter des Sports“, ist Brückenbauer zwischen den Kulturen, Vertrauensperson und Sprachmittler, da er Farsi und Dari beherrscht. „Doch immer wieder bekomme ich zu hören; ‚Sprich Deutsch, ich verstehe dich nicht’“, erzählt der junge Mann lachend. Das passiert vor allem beim Fußballtraining. Jeden Mittwoch treffen sich Ali Reza und Torsten Schubert mit jungen Nachwuchskickern auf dem Bolzplatz der Folgeunterkunft im Waldweg. Die Kinder und Jugendlichen sind mit Ehrgeiz dabei, lernen dribbeln, passen und schießen. Und obwohl – oder gerade weil – sie aus vielen verschiedenen Ländern stammen, spielen sie gut zusammen. Sogar verschossene Bälle werden zum Abschluss gemeinsam aus dem Unterholz gesammelt.
Krafttraining und Boxen in Erstaufnahmen
Der Walddörfer SV bietet noch weitere Integrationsprojekte. Im Richard Remé-Haus, einer Erstaufnahme-Einrichtung für Geflüchtete gibt es eine Mutter-Kind-Gruppe sowie Kraft- und Boxtraining für junge Männer. Auch wenn die Teilnehmer nahezu wöchentlich wechseln, da sie Termine und Sprachkurse wahrnehmen müssen oder verlegt werden, ist die Freude am Sport groß, denn er bedeutet für die meisten Freiheit und Abwechslung vom oft eintönigen Alltag in der Unterkunft. Mit der Erstaufnahme-Einrichtung am Höltigbaum besteht zudem eine Kooperation fürs Thai-Boxen. So nehmen unter anderem drei junge Frauen am regulären Vereinstraining teil – Integration gelungen.
„Gerne möchten wir noch weitere Sportangebote machen und stehen durch unser Netzwerk in engem Kontakt mit den örtlichen Einrichtungen“, betont Torsten Schubert. Der Verein lädt alle Sportinteressierten zu Vorführungen seiner verschiedenen Sparten und Gesprächen auf seiner „Welcome-Bühne“ beim Volksdorfer Stadtteilfest vom 1. bis 3. September ein.