Tangstedt Die ersten Korken ließ Anja Granlien bereits knallen. „Es ist ein Etappensieg und eine Genugtuung, dass der Landtag einstimmig die umstrittene Pferdesteuer verboten hat“, sagt die Dressurausbilderin zufrieden. Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes darf ab Ende März weder auf das Halten von Pferden noch auf die Ausübung des Reitsports eine Steuer erhoben werden. Tangstedt hatte im Juli 2017 als erste Gemeinde in Schleswig-Holstein eine entsprechende Jahresabgabe in Höhe von 150 Euro eingeführt – allerdings lag die bisher auf Eis. Grund ist die Normenkontrollklage, die Anja Granlien beim Oberverwaltungsgericht Schleswig einreichte und weiter aufrechterhält. Darin macht die Profireiterin mehr als 15 Rechtsverstöße gegen die Gemeinde Tangstedt geltend. Darunter verstoße die Pferdesteuer gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Sportförderung und diskriminiere (reitsportbegeisterte) Mädchen und Frauen. „Um eine Pferdesteuer auch zukünftig zu verhindern, muss die Grundsatzfrage dazu geklärt werden. Die hat auch Bestand, wenn sich die politische Mehrheit im Landtag ändert“, erklärt Granlien. Rund 50000 Euro hat sie bereits in das Projekt gesteckt und dafür per Facebook zu Spenden aufgerufen – es gab sogar finanzielle Unterstützung aus Australien. Dennoch ist ein großer Teil der Kosten für Anwälte und Gutachten offen. „Eigentlich ein Klacks, wenn sich jeder der 3,2 Millionen Reiter in Deutschland mit einem kleinen Obolus beteiligen würde“, meint die Reitausbilderin, schließlich würden auch die vom erfolgreichen Prozessabschluss profitieren. Dass für Klarheit gesorgt werden muss, dafür ist auch Raymund Haesler. Allerdings hält es der Vorsitzende des Finanzausschusses für möglich, dass Granliens Klage abgewiesen wird. „Dann werden wir die Abgabe für rund 500 gemeldete Pferde jeweils für ein halbes Jahr rückwirkend kassieren. Schließlich war unsere Steuersatzung vor der Entscheidung des Landtags rechtens.“ Ohnehin müsse das schleswig-holsteinische Innenministerium die Gemeinde zunächst schriftlich anweisen, die Abgabe abzuschaffen. „Rein rechtlich hat sie bis dahin 20 Jahre Gültigkeit“, so Haesler (SPD). Im Alleingang wird die mit 1,1 Millionen Euro Defizit belastete Gemeinde wohl kaum gegen die Entscheidung aus Kiel angehen. Juristische Unterstützung erhofft sich Lothar Metz (Bürgergemeinschaft Tangstedt/BGT) jedoch vom Gemeindetag, einem Zusammenschluss von rund 2000 Städten und Gemeinden im nördlichsten Bundesland. „Es kann doch nicht angehen, dass die Landesregierung derart drastisch in die kommunale Selbstverwaltung eingreift“, meint der 1. stellvertretende Bürgermeister Tangstedts. „Bedenklich finde ich im Nachhinein auch den Einfluss der Pferdehalter- und Reiter-Lobby, vor der die neue ‚Jamaika-Koalition’ klaglos eingeknickt ist.“ Nicht nur für Lothar Metz ist das gut zwei Jahre schwelende Thema Pferdesteuer ermüdend. „Das hat alle Beteiligte viel Zeit und Nerven gekostet“, sagt Tanja van den Eijnde-Pieper. Die Inhaberin der „Reitanlage Lindenhof“ freut sich über das Pferdesteuer-Aus und möchte, dass wieder Ruhe in der Gemeinde einkehrt. „In einem Bündnis der Stallbetreiber haben wir bereits 2016 einen Aktionsplan erarbeitet, zu dem wir weiterhin stehen, dazu zählt die Pflege der Reitwege und Sauberhaltung von Straßen. Mit der Überarbeitung des Reitwegenetzes möchten wir zudem erreichen, dass Reiter die Ortskerne umgehen können, um Konfrontationen zu vermeiden. Darüber hinaus ist ein Flyer mit einem Verhaltenskodex für Reiter in Druck.“