Sexuelle Belästigung durch Insektenhotel?

Tangstedt Im Tangstedter Rathaus laufen die Telefone heiß, die Mitarbeiter müssen sich zuhauf Beschwerden und wüste Beschimpfungen anhören. Anlass sind vermeintlich harmlose Baumfiguren mit Haaren aus Sisal, Scheuertüchern als Röckchen und Hüten aus Kokos-Pflanzschalen. Kurz vor Ostern tauchten sie auf Verkehrsinseln und in Straßenbeeten auf. Drei von ihnen empfangen Besucher der Eichholzkoppel, zwei weitere haben Stellung gegenüber des Bürgermeisterhauses in Wiemerskamp bezogen.

Setzt Tangstedt auf naive Kunst im öffentlichen Raum? Ganz falsch. “Die gemeindeeigenen Beete waren in einem katastrophalen Zustand und der Bauhof sollte sie aufhübschen“, sagt Bürgermeister Norman Hübener. Das ließ sich die neue Landschaftsgärtnerin Jane Jäger nicht zweimal sagen: Unkraut weg, Kiesel rund um die Beetrosen und zur Krönung handgemachte Holzskulpturen.

“Das sind kreative Insektenhotels mit Verstecken und Brutplätzen für Käfer, Schmetterlinge und andere Flügelwesen, deren Lebensraum auch durch insektenfeindliche Gartengestaltung dramatisch eingeschränkt wird“, erklärt die 32-Jährige.

Eichholzkoppel-Anwohner Thomas Averesch findet die Figuren “putzig, sie bringen uns beim Vorbeigehen oder -fahren zum Schmunzeln.“ Andere Mitbürger dagegen fühlten sich von der Form mancher Ast-Nase sexuell belästigt. “Über die detaillierte Gestaltung einiger Figuren muss noch mal gesprochen werden“, so der Bürgermeister. Die heftigen Reaktionen aus der Bevölkerung verwundern ihn: “Sicher sind sie auch der Unwissenheit über das Umweltschutzprojekt geschuldet. Immerhin heißt es ständig, Tangstedt soll sich verändern, aber jedem kann man es nicht recht machen. Vorerst werden keine neuen Figuren aufgestellt.“ Übrigens: Über die vermeintlich anstößigen “Nasen-Männchen“ freuen sich nun die Kinder der KiTa Wilstedt – die diskutieren nicht über Kunst, sondern haben Spaß am ungewöhnlichen Insektenschutz.