Hilfe für trauernde Kinder

Norderstedt “In der Trauerarbeit stehen Kinder unabsichtlich zurück“, weiß Sandra Heinicke. Sie leitet in Norderstedt den Verein “Omega – Mit dem Sterben leben“ und kümmert sich mit gut 30 ehrenamtlichen Sterbebegleitern im ambulanten Hospizdienst um Schwerstkranke und deren Angehörige. Letztere erhalten in Trauergruppen Trost und Unterstützung gegen Verzweiflung und Einsamkeit im Verlustschmerz. “In den Gruppen finden sich fast ausschließlich Erwachsene zusammen. Kinder und Jugendliche brauchen eine eigene Ansprache, weil sie anders trauern“, erklärt Sandra Heinicke. Entsprechende Angebote gab es bisher nur im Kinder- und Jugendtrauerzentrum Hamburg-Eimsbüttel, bei den Johannitern in Quickborn und in der „Muschel“ in Bad Segeberg – weite Wege, die viele Betroffene scheuten.

In Zusammenarbeit mit der evangelischen Beratungsstelle für Familien der Diakonie hat Omega erstmals eine eigenständige Kinder- und Jugendtrauergruppe initiiert, die am 1. Juni startet. Jeden Freitag von 16 bis 18 Uhr treffen sich bis zu sechs junge Teilnehmer zwischen sechs und zwölf Jahren im Therapieraum am Kirchenplatz in Harksheide. Dort finden Gefühle und Gedanken an verstorbene Familienmitglieder einen festen Platz. “Themen wie Krankheit, Selbstmord und Tod sind in Familien oft tabu. Eltern scheuen sich, mit ihrem Nachwuchs darüber zu sprechen. Zum einen haben sie selber keine Kraft, zum anderen wollen sie die Kinder durch Schweigen schützen. Doch das ist falsch verstandener Schutz“, erklärt Beate Pfeiffer von der ev. Beratungsstelle.

Eine von vier Trauerbegleitern für Kinder und Jugendliche, von denen drei aktuell ihre Ausbildung absolvieren, ist Ilka Reinecke. Sie weiß, wie schwer der Verlust eines geliebten Menschen ist. “Mein Mann ist vor zehn Jahren tödlich verunglückt. Ich habe damals Hilfe bekommen, doch meine zwölf- und 14-jährigen Jungs blieben mit vielen Fragen alleine“, erzählt die 48-Jährige. “Bei Kindern spricht man von ‚Pfützentrauer‘: In einem Moment sind sie tieftraurig, im nächsten können sie unbekümmert lachen. Das ist Selbstschutz für die kleine Seele. Doch es ist wichtig, dass sie eine belastbare Person zum Fragen und Weinen haben, auf deren Gefühle sie keine Rücksicht nehmen müssen.“ Zudem hätten vor allem kleinere Kinder Allmacht-Fantasien und machen sich Vorwürfe wie: “Ich bin schuld an Papas Tod, weil ich wollte, dass er weggeht.“

Mit festen Ritualen wie Erinnerungskisten und Gefühlswürfeln, Kreativem, in Spielen und Bewegung finden die Kinder heraus, was sie individuell stark macht – und dass sie im Schmerz nicht allein sind. “Unsere Trauergruppe ist auch ein Ort zum Lachen“, betont Ilka Reineke.

Das Projekt wird bis Ende 2019 von “Hand in Hand für Norddeutschland“ mit 20000 Euro unterstützt. “Gerne möchten wir auch eine Jugend-Trauergruppe einrichten und wünschen uns ein Trauerzentrum in Norderstedt, vielleicht an einem künftigen Hospizstandort“, hofft Sandra Heinicke.

Informationen und Anmeldung bei Omega unter Tel. 040/513 251 11 und bei der ev. Beratungsstelle für Familien unter Tel. 040/525 58 44.