Musik über Grenzen hinweg

Langenhorn Jochen Wiegandt ist ein leidenschaftlicher Sammler. Akribisch spürt der bekannte Musiker, der auf der Trauerfeier von Alt-Kanzler Helmut Schmidt im Michel sang, historisches Liedgut auf, bevor es in Vergessen gerät. „Es gehört zur Kultur und muss bewahrt werden“, betont der Langenhorner. Doch es geht ihm nicht nur um Melodien und Texte, sondern auch darum, die Geschichte hinter den Liedern zu erforschen. „Liederatur“ nennt Jochen Wiegandt seine Buch-Projekte.

Nach „Singen Sie Hamburgisch?“ und „Hallo, hier Hamburg!“ zieht es ihn nun ins benachbarte Schleswig-Holstein. Das begann bereits in Hummelsbüttel und gehörte in der dänischen Zeit um 1800 zur Herrschaft Pinnebergs, wie historische Grenzsteine belegen. „Ich bin gespannt, ob sich die Grenze in volkstümlichen Liedern wiederfindet“, sagt der 70-Jährige.

Um das herauszufinden, braucht er Hilfe aus Hamburg und Holstein. Gefragt sind Menschen, Vereine und Chöre um Geschichten, handgeschriebene Liederbücher, Zeitungsausschnitte und ungewöhnliche Instrumente. Auch Eintrittskarten für Konzerte, Bilder und Fotos etwa von der Feuerwehrkapelle beim traditionellen Ringreiten sowie Lebenserinnerungen, die sich um das Thema Musik drehen, soll die wertvolle Sammlung enthalten, die in zwei bis drei Jahren entstehen wird.

„Was sangen früher die Monarchen der Landstraßen („Landstreicher“)? Beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals schufteten 1887 viele italienische Gastarbeiter – die müssen doch Liedgut dagelassen haben!“, will Jochen Wiegandt wissen. Den Ursprüngen des Volkslieds „Dat du min leevsten büst“ ist er schon auf den Grund gegangen. Kurioserweise basiert es auf einer Schweizer Volksweise. „Die Melodie brachten eidgenössische Bauernsöhne mit, die sich als Melker in Schleswig-Holstein verdingten. Im Volksmund hieß ihr Berufsstand ‚Schweizer‘ und sie versahen ihren Dienst sogar in traditioneller Tracht“, weiß der Musik-Historiker.

 

Wer Jochen Wiegandt bei seinem „Liederatur“-Projekt unterstützen möchte, wendet sich per Mail an jochen.wiegandt@t-online.de, oder sendet Post in den Fehnweg 115, 22415 Hamburg.