Vom Uhlenbusch ins kleinste Theater der Welt

Meiendorf Die Haustür steht einladend offen und unter einem imposanten Trompetenbaum ist für Kaffee und Kuchen gedeckt. „Wir haben gerne Gäste“, sagt Christiane Leuchtmann bei der herzlichen Begrüßung.

Mit dem äußerlich schlichten, roten Backsteinhaus aus den 1940ern war es Liebe auf den ersten Blick. Gleiches gilt für das Schauspieler-Ehepaar Christiane Leuchtmann und Hans Peter Korff, die seit 23 Jahren in Meiendorf ihr Zuhause haben. Und dass, obwohl die temperamentvolle Rothaarige gebürtige Münchnerin ist.

 

„Wir wollten unseren Sohn nicht mit dem bayerischen Schulsystem quälen, in dem kreative und künstlerische Kinder untergehen – ich spreche aus eigener Erfahrung“, betont Christiane Leuchtmann. „Der Horizont hier oben ist weiter und freier in mancherlei Hinsicht, außerdem hätte ich Hans Peter als eingefleischtes Nordlicht niemals in den Süden verpflanzen können. Der „Hamburger Jung“ nickt zustimmend, verbrachte er seine Jugend doch in Berne und Övelgönne, und probiert dabei den Himbeer-Cheesecake. Köstlich, so die einhellige Meinung.

 

Hans Peter Korff, Charakterkopf auf der Bühne und Quotenbringer in Film- und Fernsehproduktionen, berühmt als Onkel Heini in „Neues aus Uhlenbusch“ und als Familienoberhaupt Siegfried in „Diese Drombuschs“ – dafür gab’s 1985 sogar die „Goldene Kamera“. Der 75-Jährige ist ein gefragter Darsteller.

Christiane Leuchtmann, Vollblut-Theaterschauspielerin und Preisträgerin des Darstellerpreises der Akademie der Künste Berlin spielte zwölf Jahre an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlins sowie zahlreichen deutschen Bühnen, war aber auch stets präsent in vielen TV-Produktionen wie „Adelheid und ihre Mörder“ oder „Praxis Dr. Mertens“.

 

 

Beide Mimen lernten sich in Berlin auf der Bühne zu Proben eines Schiller-Abends kennen und sind seitdem privat und beruflich verbunden. So entwickelten die kreativen Eheleute ein eigenes künstlerisches Format für sich. Seit 15 Jahren sind sie erfolgreich mit szenischen Lesungen in ganz Deutschland unterwegs. Mit herkömmlichen Leseabenden, bei denen oft nicht nur dem Publikum, sondern auch dem Vortragenden die Augen zufallen, hat das allerdings nichts zu tun. „Bei uns geht die Post ab; wir spielen die Texte mit vollem Körpereinsatz. Mimik, Gestik, alles ist dabei. Wir bieten auf der Bühne nicht nur Lesekunst auf höchstem Niveau, sondern auch das kleinste Theater der Welt“, erklärt die 58-Jährige.

 

 

16 verschiedene Programme hat das Paar im Repertoire – darunter vielversprechende Titel wie „Rosenkrieg und Rosen kriegen“ oder „Zähne einer Ehe“. Mit letzterem brillierten die Künstler Anfang des Jahres in der ausverkauften Volksdorfer „Koralle“. „Ein wunderbares Ambiente, das uns sehr gefallen hat“, begeistert sich Hans Peter Korff und verrät, dass es am 10. Februar 2019 ein Wiedersehen am selben Ort geben wird – zwar mit selbem Titel, aber dennoch anders.

„Jeder unsere Auftritte ist ein Unikat“, versichert die Schauspieldozentin, „es gibt jeweils eine Grobplanung, aber vor allem ganz viel Improvisation.“ „Routine ist nicht“, pflichtet Hans Peter Korff bei. Dürfe auch nicht, weil jedes Publikum anders sei.

„Wir testen anfangs immer, was den Zuhörern zuzumuten ist“, sagt Christiane Leuchtmann augenzwinkernd. In Hamburg und Berlin gäbt es keine Tabu-Themen, „aber in manchen Landstrichen dürfen nix Erotisches bringen. Dann gefriert den Zuschauern das Lächeln innerhalb von Sekunden.“

 

In den sorgfältig ausgewählten Texten kommen renommierte Literaten wie Tucholsky bis zu aktuellen Autoren wie Sophie Andresky zu Wort, beleuchten humorvoll bis satirisch allzu Menschliches – wie auch die Ehe.

Auf der Bühne beim Duo Leuchtmann/Korff fliegen bisweilen wort- und gestenreich die Fetzen. „Interpretationen über das private Eheleben überlassen wir dem Publikum“, sagen beide schmunzelnd. Wohlwissend, wie eine gute Partnerschaft funktioniert, denn im vergangenen Jahr wurde Silberne Hochzeit gefeiert.

Ein Geheimnis sei eine gelungene Mischung aus Nähe und Abstand. Auf Tour buchen die Künstler generell zwei Hotelzimmer. „Die Zeit mit gemeinsamer Anreise und Auftritt ist so intensiv, dass wir uns voneinander erholen müssen“, erklärt der Schauspieler. Auch in Meiendorf hat jeder seinen Rückzugsort: Leuchtmann im Wohnzimmer und Korff in der Küche, in der er zum Leidwesen seiner Frau gern deftige Speisen wie Grünkohl oder Grützwurst brutzelt.

Vor Kurzem gründete die Künstlerfamilie mit Sohn Johannes Valentin, der zurzeit seinen Master in Heidelberg macht, die Künstleragentur „Publikumsliebling“.

 

Und dann gibt es zum Abschluss des Besuchs im wahrsten Sinn des Wortes einen Rundgang durchs Haus: Kurios, denn alle Zimmer sind über eine Wendeltreppe zu erreichen. Ganz oben unterm Dach befindet sich das „Theater im Oberstübchen“ – „eigenhändig ausgebaut“, versichert Hans Peter Korff – mit flexibler Bühne, Vorhang und vielen Stühlen. Hier erfolgt die Feuertaufe für neue Stücke und Pointen vor Freunden und Nachbarn. „Ein ehrliches Publikum, das sich niemals durch Himbeer-Cheesecake beeinflussen lassen würde“, beteuert die Hausherrin schelmisch lächelnd.