Norderstedt Der neue Assistenz-Lehrer an der Grundschule Immenhorst hat lange graue Locken, tiefschwarze Augen, ständig eine feuchte Nase – und ist ein Hund. Janosch hat zweimal pro Woche Dienst und begleitet seine Besitzerin Julia Boll in den Unterricht der 1b. „Durch die Anwesenheit des Hundes hat sich die Lernatmosphäre positiv verändert“, stellt die 30-jährige Pädagogin fest, „es ist leiser in der Klasse und die Schüler arbeiten motivierter mit.“
„Janosch mag keine lauten Geräusche, weil er sieben Mal besser hören kann als Menschen“, erklärt Linus. Streit mag der dreijährige Havaneser übrigens auch nicht – dafür kann er aber prima zuhören. „Am liebsten setze ich mich zu Janosch und lese ihm leise vor“, sagt Lisa. Kein Wunder, der kleine Rüde verbessert und wertet nicht und verteilt auch keine Noten. „Die Kinder trauen sich in seiner Nähe mehr zu und werden selbstbewusster“, bemerkt Julia Boll.
Zudem haben die Erstklässler mehr Spaß am Arbeiten. Wer seine Aufgaben besonders schnell erledigt, darf eine Runde mit dem flauschigen Vierbeiner kuscheln. Streicheleinheiten lassen auch Kummer verschwinden – eine tierische Liebkosung spendet oft mehr Trost als menschliche Worte.
„Janosch hat sooo weiches Fell, am liebsten würde ich ihn die ganze Zeit streicheln“, meint Raja. Julian hat herausgefunden, dass der kleine Rüde – für Leckerlies – sogar Kunststücke beherrscht. „Er kann auf den Hinterpfoten stehen und sich dabei drehen“, sagt der Sechsjährige begeistert und führt die Nummer gekonnt vor.
Ängstliche Kinder fassen Vertrauen zum Tier, zudem fördert es die sozialen Kompetenzen der Schüler. Für den Umgang mit Janosch wurden eigens Regeln aufgestellt. „Keine Kommandos geben, nicht ungefragt streicheln, Hände waschen, nicht rennen und aufpassen, dass Schulranzen und Brotdosen zu sind, damit er nichts frisst, was ihm nicht gut tut“, zählt Merle gewissenhaft auf, „und wenn Janosch sich auf seine Decke unter der Tafel legt, dann möchte er Ruhe haben.“ Das akzeptieren die 25 Sechs- und Siebenjährigen.
Jeweils zwei von ihnen haben dienstags und donnerstags den begehrten „Janosch-Dienst“. Dazu gehört, den Napf mit frischem Wasser zu füllen, den Hund zusammen mit Julia Boll aus ihrem Büro abzuholen und ihn nach zwei Stunden dorthin zurückzubringen. „Nach seinem ‚Lehr‘-Einsatz ist Janosch ziemlich müde und schläft den Rest des Vormittages“, berichtet seine Besitzerin, die ihn bereits seit dem Welpenalter hat.
Eine Karriere als Schulhund war damals noch nicht geplant. „In den diesjährigen Sommerferien habe ich viel über Schulhunde gelesen. Janosch liebt Kinder, kuschelt gerne, bellt nicht im Spiel und hat ein allergiefreies Fell – optimale Voraussetzungen für hundgestützte Pädagogik“, berichtet Julia Boll. Als Team absolvierten Zwei- und Vierbeiner die Prüfung für den Hundeführerschein, zudem bestand Janosch den Wesenstest mit Auszeichnung.
Vom Projekt „Schulhund“ sind Schulleitung, Lehrer und Elternschaft begeistert. „Wir freuen uns über innovative Konzepte und die positiven Ergebnisse“, sagt Rektorin Elisabeth Bauer-Plambeck. Im kommenden Sommer wird entschieden, ob Janosch bleiben kann und möglicherweise Kollegen bekommt, damit weitere Klassen auch in den Genuss eines tierischen Lehrers kommen.