Sieben Jahre hatten Anuschka Thomas und Thorsten Fixemer um ihr vom Abriss bedrohtes Häuschen gekämpft – mit Happy End. Seit Sommer 2017 steht das nach seinen ehemaligen Bewohner benannte Kerinnes-Haus am Kringel, zwischen Tangstedt und Henstedt-Rhen gelegen, unter Denkmalschutz. Das ehemalige Behelfsheim ist ein historischer Zeitzeuge; diente die sogenannte „Ley-Bude“ Ausgebombten und später ostpreußischen Flüchtlingen als Grundlage für einen Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg. In Schleswig-Holstein hat das 1944 errichtete Kulturdenkmal Alleinstellungswert – landesweit gibt es kein Vergleichbares, zudem ist es nahezu im Originalzustand und mit Selbstversorgergarten erhalten.
„Das Haus und seine Geschichte sind von öffentlichem Interesse“, sagen die Eigentümer und haben große Pläne mit dem kleinen Haus. Sie sehen es als Erinnerungs- und Begegnungsort, planen Lesungen, Vorträge, Konzerte und Feste, möchten Märchenerzählern und Schattentheater eine besondere Bühne bieten. Für lebendigen Geschichtsunterricht könnten Lehrer den außerschulischen Lernort für ihre Klassen nutzen. Ein Mikro-Museum am Wegesrand soll entstehen, ein Erlebnispfad mit Infotafeln Einblicke in die damalige Wohnungs- und Hungersnot der Menschen geben, aber auch vom Ankommen und einer neuen Freiheit in Selbstbestimmung erzählen.
Ab und zu herrscht schon jetzt wieder Leben im und ums Kerinnes-Haus. Bereits zwei Mal lud es am „Tag des offenen Denkmals“ Besucher ein; Ostern wurde Musik gemacht und mit Kindern gebastelt und dem Vortrag des Sozialpädagogen Sieghard Bußenius über das benachbarte jüdische Ausbildungskibbuz lauschten 23 Gäste auf engstem Raum – beeindruckt auch von der eindringlichen Atmosphäre, obwohl vieles im Museum in spe noch improvisiert ist.
Das ehrgeizige Projekt des interkulturellen Vereins Port to Port ist auf finanzielle und tatkräftige Unterstützung angewiesen – lang ist die Liste der nötigen Renovierungs-, Garten- und Baumpflegearbeiten. „Am dringendsten müssen Fenster ausgetauscht, der Stromanschluss reaktiviert und der Schornstein instand gesetzt werden“, sagt Thorsten Fixemer, der 15 Jahre mit seiner Familie auf geschichtsträchtigen 45 Quadratmetern lebte. Hilfe und Beratung bieten die Gemeindearchivare Raymund Haesler aus Tangstedt und Volkmar Zelck aus Henstedt-Ulzburg, das Freilichtmuseum am Kiekeberg und die AktivRegion Alsterland. Doch neben ihrer Expertise wird Geld für die Umsetzung der Baumaßnahmen benötigt. Immerhin kamen 600 Euro von privaten Spendern, doch der ersehnte Geldregen bleibt noch aus. „Vielleicht lässt sich einiges in Form von Azubi-Projekten mit Handwerkern, Tischlern und Gärtnern aus der Region umsetzen“, wünscht sich Anuschka Thomas, „geflüchtete Menschen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder dem Irak könnten einen Permakulturgarten anlegen und ihn wieder zur Selbstversorgung nutzen.“
Ohne Frage, das Interesse an und die Pläne fürs Kerinnes-Haus wachsen – langsam, und das sei gut, so das Eigentümerpaar. „Wir sind uns des sensiblen Themas sehr bewusst, möchten keinen übergehen und alles für eine stabile Zukunft entwickeln – das sind wir dem geduldigen Häuschen schuldig.“ Claudia Blume
Informationen per Email unter anuschka-thomas@gmx.de, Spenden an Port to Port e.V., IBAN: DE82 4306 0967 2064 3353 00, Verwendungszweck: Kerinnes-Haus.