Prüfer der gesetzlichen Krankenkassen haben 2018 knapp 3500 Behandlungsfehler festgestellt, in deren Folge Patienten gesundheitlicher Schaden entstand. Doch die Dunkelziffer ist hoch: Auf jeden erkannten „Kunstfehler“ kommen etwa 30 unentdeckte Fälle. Dennoch stellt Melanie Holthus fest, dass viele Patienten oder deren Angehörige nicht um ihr Recht auf Schadenersatz wissen und es daher nicht einfordern. Die Spezialisierung auf Arzthaftungs- und Medizinschadensrecht macht die 51-Jährige zu einer bundesweit gefragten Fachanwältin mit über 20-jähriger Expertise – nicht nur für private Mandanten, sondern auch für Sozialversicherungsträger, die ihre Ansprüche gegen Mediziner durchsetzen möchten. Rund 700 Fälle bearbeitet die gebürtige Hamburgerin, die mit ihrer Kanzlei in Bargteheide ansässig ist.
„Wenn es um die Verantwortlichkeit von Ärzten, Hebammen, Kliniken, Pflegeheimen, deren Personal sowie Medizinprodukteherstellern geht, sind Betroffene oftmals hilflos. Sie sind in körperlicher und seelischer Not, denn es geht um ihr höchstes Gut: ihre Gesundheit. Den ‚Halbgöttern in Weiß‘ fühlen sie sich ausgeliefert, die nicht immer auf Augenhöhe mündiger Patienten agieren. Zudem sind Krankenhäuser zu Profit-Centern mutiert, in denen nicht der Mensch, sondern Produkte und Dienstleistungen gesehen werden. Das führt zu Überindikationen. Im Höchstmaß wird geschraubt und geschnippelt– ist jedoch etwas schief gelaufen, wird der medizinisch laienhafte Patient alleine gelassen“, weiß Melanie Holthus.
Besonders drastisch geht es im Geburtsschadensrecht zu. Kommt ein Kind unter der Geburt zu Schaden, trägt Behinderungen davon oder verstirbt gar, bedeutet das für Eltern neben immensen Sorgen oder unbeschreiblichem Verlust die Ungewissheit, ob das Kind bei nötiger Sorgfalt des Geburtsteams gesund zur Welt gekommen wäre. „Zudem fühlen sich Mütter oft mitschuldig, wenn es zu Komplikationen gekommen ist“, so die Anwältin.
Vorrangig seien ihren Mandanten nicht pekuniäre Interessen, sondern Aufklärung, das Verstehen-Wollen des Hergangs der gesundheitlichen Katastrophe. Angeknackst im Ur-Vertrauen zum Arzt ihres Vertrauens scheuen Betroffene, Angehörige oder Hinterbliebene oftmals den Gang zum nächsten Akademiker und malen sich davon zudem keinen Erfolg aus. „Doch es lohnt immer, sich von einem Fachanwalt für Medizinrecht beraten zu lassen. Dabei muss es nicht zwingend vor Gericht gehen“, berichtet Melanie Holthus, die in 40 Prozent ihrer Mandate eine außergerichtliche Einigung erzielt. Ist eine Bewertung medizinisch komplexer Geschehen oder einzelner Aspekte nötig, steht ihr eine Vielzahl von Gutachtern verschiedenster Fachdisziplinen zur Seite.