„Land Art“ – ein Kunstprojekt von Landwirt Sönke Meier und Bildhauer Georg Engst
Die überdimensionalen Bronzeskulpturen des Bildhauers Georg Engst stehen in den USA und Japan, auf öffentlichen Plätzen in ganz Europa und seit ein paar Monaten auch in Wilstedt – auf einer Viehweide an der Wakendorfer Straße. Dort scheinen sich vier Meter hohe Einradfahrer gemeinsam mit den Schwarzbunten Winnie, Waldbeere und Wolga gegen die norddeutschen Wind zu stemmen.
Kunst und Kühe – wie passt das zusammen? Bestens, finden Landwirt Sönke Meier und Künstler Georg Engst, die zusammen das Projekt „Land Art“ realisieren. 55 Jahre arbeitete der freischaffende Bildhauer in seinem als Atelier umgebauten Bauernhof im benachbarten Jersbek. Weit sichtbar dominierten einige Kunstwerke die Einfahrt des Grundstückes. Vergangenen Sommer löste der mittlerweile 90-Jährige seinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt auf und zog nach Hamburg-Klein Borstel. Die imposanten Skulpturen landeten im Lager eines Schrotthändlers – mit ungewisser Zukunft. Bis Sönke Meier einen Anruf von Engsts Nichte erhielt, einer Freundin seiner Frau Marte. „Die berühmten Einradfahrer kenne ich schon seit meiner Jugendzeit und habe sie immer bewundert, wenn wir durch Jersbek kamen“, erzählt der 59-Jährige, „daher musste ich nicht lange überlegen, ob wir für einige Kunstobjekte Platz hätten.“ Doch wenn schon, dann nicht versteckt in der Scheune, sondern präsent auf einer seiner großen Viehweiden.
So zogen drei Bronzeskulpturen zu 200 Milchkühen ins Grüne, drei kleinere Objekte fanden ein Zuhause auf Hof Lütte Lohe. Zwischen dem renommierten Künstler und dem Landwirt entstand eine Freundschaft mit Besuchen, regem Austausch und dem Entdecken von verbindenden Gemeinsamkeiten. So steht das künstlerische Motiv des Einradfahrers als Metapher für den permanenten Balanceakt des Menschen in der Gesellschaft – quasi eine Frage des Gleichgewichts. „Uns Landwirten geht es ähnlich. Wir balancieren zwischen Tierwohl, artgerechter Haltung, großem Aufwand und hohen Kosten“, betont Meier, der den Betrieb in vierter Generation führt. „Doch nur mit fairen Preisen kann das Gleichgewicht erreicht werden, aber die sind weder Handel noch Verbraucher bereit zu zahlen.“
Milch sei keine Ramschware und muss angemessen bezahlt werden. Ein sensibles Thema, das mehr Interesse verdient. Die Bronzeskulpturen auf den Weiden sollen dafür sorgen. „Die Leute sollen über uns reden und zum Nachdenken angeregt werden“, wünscht sich Meier und hat zusammen mit Georg Engst noch mehr vor. Der arbeitet aktuell an einem Kunstobjekt zum Thema „Milch“; ein erster Prototyp im Maßstab 1:10 steht kurz vor der Fertigstellung. „Es gibt großen Handlungsbedarf, den Konsumenten auf den Wert eines landwirtschaftlichen Produktes aufmerksam zu machen. Und das kann Kunst: aufmerksam machen“, sagt Engst und hat sogar Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner über das „Land Art“-Projekt in Wilstedt informiert.
Wer weiß, vielleicht bekommen Winnie, Waldbeere und Wolga bei der Einweihung der neuen Skulptur Besuch aus Berlin.