Norderstedt Anette Hartmann ist professionelle Trainerin für Pferd und Reiter. Seit 30 Jahren setzt sie auf Fairness und Vertrauen von Tier und Mensch, wobei für sie grundsätzlich das Pferd das Tempo der Ausbildung bestimmt. „Es geht darum, das eigene Ego und die damit verbundenen Erwartungen runterzuschrauben. Stur den eigenen Willen durchsetzen zu wollen, ist keine Grundlage für eine harmonische Partnerschaft – das hat mich vor vielen Jahren in mühevoller Kleinarbeit meine tierische Lehrmeisterin, die Welsh Cob-Stute Gipsy, gelehrt. Es ist egal, wie lange es dauert, bis eine bestimmte Lektion sitzt. Wichtig ist Vertrauen und das Pferd für eine Aufgabe zu begeistern“, erklärt Anette Hartmann.
Die 50-Jährige hat bereits weit über 100 Reitschüler zwischen Norderstedt und Elmshorn aus deren Komfortzone geholt und sie in die Geheimnisse der Akademischen Reitkunst eingewiesen, die aus dem Wissen der alten Reitmeister und den Aspekten neuer, wissenschaftlicher Studien entstand.
Die Akademische Reitkunst ist ein systematischer Ausbildungsweg für Pferd und Mensch, „Entscheidend ist, dem Pferd Raum zu geben sich zu äußern und auch mal ein Nein zu akzeptieren. Oberstes Gebot ist Zuhören, damit Zwei- und Vierbeiner zu einem Team zusammenwachsen können“, sagt die Trainerin.
„Den Pferden eine Stimme geben“ ist ihr Herzensthema, und das bringt sie nun auch auf die Bühne. Die redegewandte Schleswig-Holsteinerin trat erstmals beim Speaker Slam in Mastershausen gegen über 60 Konkurrenten aus acht Nationen an – darunter versierte Fernsehmoderatoren und Personality-Coaches, aber auch Tischler, Hobbyangler und ein Weltmeister im Thai-Boxen. Die Herausforderung des als Hybridveranstaltung konzipierten Abends bestand darin, das Publikum und die fachkundige Jury für ein selbstgewähltes Thema zu gewinnen. Ohne Manuskript zu reden war nur eine Schwierigkeit, zudem hatten alle Wettbewerber lediglich vier Minuten Zeit für ihre Ausführungen – danach wurde ihnen kompromisslos das Mikrofon abgedreht. Kurz, knackig, fesselnd – so das Motto. „Ich dachte erst, das schaffe ich nicht, denn der Zeitdruck war enorm, aber ich habe mich ganz gut geschlagen“, resümiert Anette Hartmann nach ihrer Premiere. „Mit ‚Das größte Glück der Pferde ist der Reiter auf der Erde‘ hatte ich den Einstiegslacher platziert und etliche Zuhörer eingefangen.“ Gar nicht so leicht, zumal die beim zweiten Event des Abends, dem „Silent Slam“, die Qual der Wahl hatten und per Kopfhörer vier Slammern lauschen konnten, die zeitgleich auf der Bühne waren. Farbsensoren zeigten an, welchem Redner das Publikum im Einzelnen gerade folgte. Je öfter und beständiger Grün aufleuchtete, desto mehr freute sich Anette Hartmann, denn das war ihre Mikrofonfarbe und zeigte auch hier: Das Thema kommt an.
„Pferde begleiten uns seit Jahrtausenden. Allein im Zweiten Weltkrieg starben rund 1,6 Millionen Pferde als Kriegsdiener der Menschen. Sie haben uns so weit gebracht, deshalb sind wir verpflichtet, ihnen wertschätzend auf Augenhöhe zu begegnen und sie nicht wie Sportgeräte zu behandeln“, fordert die gelernte Steuerfachfrau, die sich ihr Studium mit Beritt und Unterrichten finanzierte und sich 2001 mit sechs Pferden selbständig machte.
Ihre eigenen und die Pferde ihrer Reitschüler ermutigt sie gerne sich in der Freiarbeit auf ein Podest zu stellen – das stärkt das Selbstbewusstsein. „Der Auftritt beim Speaker Slam hat mich bestärkt, dass auch ich mich auf eine Bühne stellen und meine Botschaften in die Welt senden kann“, sagt die Tierkommunikatorin. In Planung sind Podcasts zu pferdefreundlichem Umgang und Reiten in Harmonie – und im Januar geht es beim nächsten Speaker Slam wieder ins Rampenlicht.