Sie retten Ponys und Pferde vor der Schlachtbank

Wakendorf II Zwei- bis dreimal pro Woche steigt Jolán Rahner in Bad Segeberg mit ihrer zehnjährigen Tochter Sjenna ins Auto, um ins 25 Kilometer entfernte Wakendorf II zu fahren. Dort wird die 53-Jährige schon sehnsüchtig von Zeus, Bariton, Harry, Lara, Meli und Curly erwartet. Die sechs Fohlen waren eigentlich dem Tod geweiht – sie sollten auf der Schlachtbank landen und zu Salami, Gulasch oder Lasagne verarbeitet werden.

Ihr Leben verdanken die jungen Stuten und Hengste dem Verein „4 Hufe im Glück“, der sich durch Spenden und Patenschaften finanziert. Die engagierten Tierretter kaufen seit fünf Jahren vor allem Haflinger- und Norikerfohlen frei, die wegen Überpopulation oder mangelnder Zuchtkriterien auf Herbstauktionen im Alpenland versteigert werden. Oftmals geht es direkt von der Mutterstute auf einen Transport nach Italien und dort in die qualvolle Anbindemast. Haben die Pferdekinder genügend Masse angesetzt, werden sie als Fleischlieferanten getötet.

Zeus, Bariton, Harry, Lara, Meli und Curly dagegen haben eine zweite Chance bekommen wie auch ausrangierte Sport- und Freizeitpferde, darunter der 25-jährige Warmblutwallach Fino oder das sechsjährige Shetlandpony Bailey.

Um das Wohl der vierbeinigen Schützlinge kümmern sich 14 Ehrenamtliche. Und die brauchen dringend Unterstützung. „Wir haben aktuell 21 Ponys und Pferde, die auf sechs Weiden in Wakendorf II, Tangstedt, Duvenstedt und Lemsahl täglich versorgt werden müssen“, erklärt Vereinsgründerin Stefanie Grabs-Samuels. Für die Helferinnen und Helfer heißt das Kraftfutter und jede Menge Kuschel- und Krauleinheiten verteilen, Tränken und Zäune kontrollieren, Pferdeäpfel in den Liegebereichen aufsammeln und Heuraufen auffüllen. „Bei Wind und Wetter ist das zum Teil schon körperlich anstrengend, aber es lohnt sich und erdet mich“, sagt Jolán Rahner, die seit Oktober 2021 mit von der Partie ist und in Segeberg eine Sprachschule leitet. „Man bekommt so viel Dankbarkeit zurück. Es ist wichtig, sich stark zu machen für Tiere, die keine Stimme haben.“

„Das Schönste ist das Strahlen in den Augen der Pferde, wenn sie realisieren, dass Menschen es doch gut mit ihnen meinen und sie einem ihr manchmal verlorenes Vertrauen schenken“, ergänzt Torge. Der 21-jährige Lehramtsstudent gehört seit vergangenem Sommer zu der eingeschworenen Pferderetter-Truppe und ist einer, der immer wieder spontan für Notdienste einspringt. „Ich habe überlegt, mir ein eigenes Pferd zu kaufen, bin dann auf den Verein aufmerksam geworden und wollte mich lieber nicht nur für ein, sondern für viele Tiere engagieren, die Hilfe benötigen“, sagt der Henstedt-Ulzburger. 

In WhatsApp-Gruppen regeln die Unterstützer per Handy, wer wann auf welcher Weide Dienst macht – manche kommen einmal pro Woche, andere sind täglich freiwillig im Einsatz. „Alles ist prima organisiert. Und wenn es kurzfristig doch nicht passt, übernimmt ein anderer. Wir sind eine großartige Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig hilft“, versichert Jolán Rahner, die sich für ihren tierischen Einsatz als erstes wasserdichte Gummistiefel und eine helle Stirnlampe anschaffte.

„Tierschutz erfordert Verlässlichkeit, denn die Ponys und Pferde sind in der Versorgung auf uns angewiesen. Sie warten auf uns, auch wenn es regnet, kalt oder dunkel ist“, betont Stefanie Grabs-Samuels. „Im Corona-Sommer hatten viele Menschen noch Zeit, um sich zu engagieren. Doch jetzt sitzen sie wieder in Büros oder Hörsälen, deshalb brauchen wir weitere helfende Hände.“ Erfahrung im Umgang mit Huftieren sei gut, schließlich wären gerade Fohlen manchmal recht stürmisch und in der Anfangszeit weder an Zweibeiner noch ans Halfter gewöhnt. 

Einige Ehrenamtler üben mit den Jungtieren auch das Führen und Hufe geben – das sogenannte „Fohlen-ABC“ –, damit sie möglichst schnell dauerhaft ein neues Zuhause bei respektvollen Tierfreunden finden. Bereits über 180 Ponys und Pferde, sowie einige Esel, Kühe und sogar Schafe sind seit der Vereinsgründung 2016 von „4 Hufe im Glück“ erfolgreich vermittelt worden. In wenigen Tagen wird auch Curly ausziehen, ein zehn Monate altes Noriker-Stutfohlen mit auffallend lockigem Fell. In Jolán Rahner hat sie ihren Herzensmenschen gefunden. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt die Segebergerin. „Mit ihrer ruhigen, liebevollen Art hat Curly mich sofort um den Finger gewickelt, als sie im Oktober nach ihrer Rettung aus unserem Transporter gestiegen ist. Nun darf sie mit viel Zuwendung in einer kleinen Herde in Nortorf groß werden.“ Der tatkräftigen Vereinsarbeit auf den Weiden in Wakendorf II will Rahner dennoch treu bleiben: „Schließlich warten dort noch mehr Pferde auf mich.“

 

Informationen unter www.4hufeimglueck.com, Spendenkonto: 4 Hufe im Glück e.V., IBAN: DE98 8306 5408 0004 0086 50, BIC: GENO DEF1 SLR