Dieses Paar sammelt Spenden - mit spontan gekauftem Volvo

Kreis Segeberg. Er misst 4,84 Meter Länge und 1,86 Meter Breite, ist aus dem Baujahr 2000 und hat 193 PS – ein betagter Volvo V70 wird für 16 Tage das Abenteuermobil für zwei junge Leute aus dem Raum Lübeck und Kreis Segeberg sein. Als Team „noerd.licht“ – zusammengesetzt aus „nördlich“ und „Nordlicht“ – nehmen Neele und Jakob zum ersten Mal an der „Baltic Sea Circle Charity Rallye“ teil.

286 Crews fahren mit Youngtimer-Fahrzeugen, die mindestens 20 Jahre alt sein müssen, vom 18. Juni bis 3. Juli durch neun nordeuropäische Länder – von Hamburg aus über Schweden zum Nordkap in Norwegen, die baltischen Staaten und Polen zurück nach Deutschland. Rund 7500 Kilometer müssen zurückgelegt werden. „Die Herausforderung ist, dass wir kein Navi und GPS verwenden dürfen, sondern mit Karten und Kompass agieren müssen – für uns als Handy-Generation schon etwas Besonderes. Zuletzt haben wir über Pfingsten auf dem Weg nach Sankt Peter Ording kräftig das Kartenlesen geübt“, erklärt Neele. Auf der Rallye-Strecke sind Autobahnen tabu, zudem müssen noch geheime Aufgaben gelöst werden.

Voraussetzung für die Teilnahme ist, ein selbst ausgewähltes Projekt mit Spenden zu unterstützen. Für die angehende Ergotherapeutin eine Herzenssache, sich für die Lübecker „Praxis im Heiweg“ einzusetzen, die seit Mai 2021 tiergestützte Therapie mit Pferden und Hunden anbietet. Die vierbeinigen Mitarbeiter erzielen erstaunliche Erfolge bei psychisch erkrankten, verhaltensauffälligen sowie körperlich gehandicapten Patienten. Die Tiere spiegeln wertfrei das Verhalten der Menschen, was zu positiven Veränderungen führt. Zudem vermitteln sie ihnen Selbstwertgefühl. Da Krankenkassen die zusätzlich anfallenden Kosten für Tierarzt, Schmied und Ausrüstung nicht übernehmen, zahlt die Praxis monatlich rund 1000 Euro aus eigener Kasse. „Auf unserer Reise sammeln wir deshalb Spenden für den jungen Verein „Ergo-Ranch“, der mit der Praxis zusammenarbeitet, und möchten auf die wertvolle Therapieform aufmerksam machen“, erklärt Neele.

Das anstehende Abenteuer auf vier Rädern ist ein langgehegter Traum der 22-Jährigen, die nach dem Abitur ein Jahr mit ihrem Van in Europa unterwegs war. „Für eine Rallye hatte ich nie den richtigen Beifahrer“, sagt die junge Frau, die mit Jakob ihr Pendent gefunden hat. Vor eineinhalb Jahren wurde aus bislang besten Freunden ein Paar, das die Begeisterung für Autoreisen und Natur teilt. Jakob, der Wirtschaftsingenieurwesen studiert, hatte sich seinen Van sogar selbst ausgebaut und schraubt mit Begeisterung an Fahrzeugen herum. „Er kann vieles reparieren; das ist sehr praktisch, denn wer weiß, was uns mit dem alten Volvo passieren wird.“

Über zwei Wochen auf engstem Raum zu leben – geschlafen wird im Dachzelt –, schreckt beide nicht. „Das haben wir auf kürzeren Trips ausprobiert – es funktioniert“, beteuert Neele, die nichts mehr von festen Räumen und Steinwänden hält. „Wir lieben beide das unabhängige, freie Leben und bauen gerade ein Expeditionsmobil mit Heizung und Sanitärausstattung aus, in dem wir ab kommenden Jahr dauerhaft leben und arbeiten werden – die Wohnung ist bereits gekündigt.“

Aber zunächst geht es auf den Rallye-Kurs in den Norden. Am meisten freut sich Neele, dem Freund ihren Lieblingsstrand auf den norwegischen Lofoten zu zeigen, „und ich bin auf das Baltikum gespannt, dort war ich noch nie.“ Es soll eine möglichst entschleunigte Tour werden, um die verschiedenen Landschaften zu genießen. Eine Platzierung ist den jungen Schleswig-Holsteinern unwichtig.

Neben ihrem Charity-Projekt sammeln sie auch Spenden, um ihre Benzinkasse zu füllen. Für Sprit kalkulieren sie immerhin rund 2000 Euro. Als Dankeschön an die Spender hat sich das Paar einiges ausgedacht: So gibt es etwa für fünf Euro eine Postkarte von unterwegs, für 15 Euro ein Ticket für einen Vortrag nach Abschluss der Rallye und für 200 Euro hilft Jakob einen halben Tag beim Van-Ausbau des Spenders.

Nur wenige Tage vor dem Nordtour-Abenteuer gab es ein Problem. Das eigentliche Rallye-Fahrzeug hat kurz vor dem Start schlapp gemacht. „Da der Motor unrund lief, hat uns die Werkstatt abgeraten, ihn einzusetzen. Auf die Schnelle musste ein Ersatzwagen her. Den haben erst letzten Sonntag spontan gekauft. Nun muss er noch rallye-typisch foliert werden“, berichtet Neele fröhlich und versichert: „Am 18. Juni wird es losgehen – wir freuen uns riesig.“

 

Über ihren Instagram-Account @noerd.licht berichten Neele und Jakob über ihr Rallye-Abenteuer, darunter gibt es auch Informationen zu Spendenmöglichkeiten und Ticketverkauf.