Region Segeberg. Geschafft! Winkend überquerte Team noerd.licht am Sonntag um 16.04 Uhr mit seinem 22 Jahre alten Volvo V70 die Ziellinie auf dem Hamburger Fischmarkt. Nach 16 Tagen und exakt 7243,7 Kilometern haben Neele und Jakob aus der Region Segeberg das Abenteuer „Baltic Sea Circle Charity Rallye“ durch neun europäische Ostsee-Anrainer-Staaten erfolgreich absolviert. (Das Abendblatt berichtete.)
Das war nicht jedem vergönnt. Von 255 Startern kamen lediglich 195 ins Ziel – glimpfliche Unfälle, Motorschaden und andere Widrigkeiten verhinderten den Abschluss. Immerhin: 355000 Euro kamen insgesamt für viele verschiedene Spendenprojekte zusammen. Neele und Jakob sammelten 1156 Euro für den Lübecker Verein „Ergo-Ranch“, dessen Therapiepferde für Patienten der Praxis im Heiweg zum Einsatz kommen. „Wir sind so glücklich über die Unterstützung; sogar am Finaltag kamen noch Spenden rein“, freut sich die 22-jährige Neele.
Die letzten vier Tage der Rallye, bei der GPS, Navi und Autobahnen tabu waren, erkundete sie mit ihrem 23-jährigen Freund das Baltikum und Polen – für beide bisher ein weißer Fleck auf ihrer Reise-Landkarte. „Nach so viel unberührter Natur in Skandinavien war das für uns ein Kulturschock, zumal wir nicht wirklich Zeit für die einzelnen Länder hatten, sondern vor allem die Hauptstädte besucht haben und touristische Stätten wie etwa den ‚Berg der Kreuze‘ in Litauen für ein obligatorisches Foto im Roadbook“, erzählt Neele.
Die historischen Altstädte von Vilnius in Litauen und Danzig in Polen haben den jungen Schleswig-Holsteinern besonders gut gefallen. Und dank des Tipps von Neeles Opa, der als Spediteur und Fahrer weit herumgekommen ist, entdeckten sie sogar den geografischen Mittelpunkt Europas. Mit den Koordinaten 54° 54‘ 0“ N, 25° 19‘ 0“ O liegt er beim Dorf Purnuskes nördlich von Vilnius. „Das war etwas Besonderes und den Umweg wert, zumal sich außer uns kein anderes Team dorthin ‚verirrt‘ hat“, verrät Neele schmunzelnd.
16 Tage war das Paar unterwegs und hat viele verschiedene Eindrücke gesammelt, die erst einmal verarbeitet werden müssen. „Es kommt mir vor, als ob wir einen Atlas schnell durchgeblättert haben. Es ist so unrealistisch wieder zuhause zu sein“, fasst Jakob sein gedankliches Bilderbuch zusammen. Die Bilder auf Fotopapier, die vor dem Zieleinlauf ins Roadbook eingeklebt werden mussten, hatte er am vorletzten Tag in einer polnischen Drogerie ausgedruckt.
„Die Reise hat viel Spaß gemacht. Ich bin glücklich, dass wir so gut durchgekommen sind und das Auto gehalten hat, immerhin hatte es beim Start bereits 309125 Kilometer auf dem Tacho“, sagt Neele. Als versierter Hobby-Schrauber hatte sich Jakob auf alle Eventualitäten eingestellt. „Aber es gab einfach nichts zu tun. Am vorletzten Tag habe ich einfach den Nockenwellensensor gereinigt, um das mitgeführte Werkzeug wenigstens einmal benutzt zu haben.“
Beim Thema Gepäck ist Neele im Nachhinein froh, Skiunterwäsche und eine warme Mütze gegen kalte, skandinavische Nächte im unbeheizten Dachzelt eingepackt zu haben – „trotzdem habe ich sehr gefroren.“ Absolut überflüssig war dagegen ein zweiter Campingstuhl. „Während Jakob ein solches Möbel brauchte, habe ich lieber auf einer Decke oder er Picknickbank gesessen.“
„Die Tour hat gezeigt, dass wir für solche Rallys gemacht sind und es spannend ist, aus der Komfortzone rauszugehen. Wir könnten uns gut vorstellen, die Strecke bei der Winterrallye mitzumachen – dann aber ohne Dachzelt und mit einem anderen Auto“, sagt Jakob lachend.
Im Zielbereich auf dem Fischmarkt wartete das familiäre Empfangskomitee auf die Abenteurer. Zwei Wochen hatten die Eltern lediglich über den Instagram-Account noerd.licht oder das Hamburger Abendblatt vom Nachwuchs gehört und gelesen. „Wir wussten, dass sie die Sache gut machen würden, und bei einer schwerwiegenden Panne hätte ich sie von überall abgeholt“, versichert Jakobs Vater Jo. „Wir haben jede Menge Vertrauen in die beiden, schließlich war Neele nach dem Abitur bereits ein Jahr allein mit einem Van und Hund in Europa unterwegs“, bestätigt Neeles Vater Olaf, dessen größter Wunsch war, mit seiner Tochter eine Rallye zu fahren. „Wir waren so gut wie angemeldet, doch erst kam Corona und dann Jakob – und jetzt bin ich wohl raus“, resümiert er augenzwinkernd.