Norderstedts Märchen-Mal-Talente

Norderstedt Große Aufmerksamkeit hatten die Kinder den beiden Brunnenfiguren auf dem Norderstedter Rathausmarkt bisher nicht geschenkt. Doch nach einem fünftägigen, Ferienkurs der VHS sehen sie die Bronzeplastiken mit anderen Augen – stellen die doch eine Szene aus dem Märchen „Die Regentrude“ des norddeutschen Schriftstellers Theodor Storm dar. Denn die Geschichte, die sich erschreckend aktuell um eine Klimakatastrophe dreht, haben acht Kinder zwischen acht und zwölf Jahren kreativ unter die Lupe genommen und frei interpretiert.

Unter Anleitung der renommierten Künstlerinnen Birgit Bornemann und Claudia Rüdiger lernten fünf Mädchen und drei Jungs Techniken wie Zeichnen, Aquarellmalerei, Collage und Land Art kennen, probierten sich mit Farben und Materialien aus und entdeckten neue Fähigkeiten. Darauf zielte der kostenlose Talentcampus-Kurs ab, der über das Programm „Kultur macht stark“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird und sich für kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen einsetzt.

Nach Lektüre und Filmgucken bekam jeder der jungen Nachwuchskünstler zwei Szenen des Märchens zur eigenen Bearbeitung. „Anfangs waren einige von ihnen sehr zurückhaltend, aber im Laufe des Kurses sind sie immer mehr aus sich herausgekommen, haben Spaß und Eigeninitiative gezeigt, sich gegenseitig geholfen und inspiriert – das war schön zu beobachten“, berichtet Claudia Rüdiger. Freies Experimentieren ohne jedwede Bewertung stand im Vordergrund – alles war erlaubt. 

Highlight der Woche war der Ausflug in die Hamburger Kunsthalle. „Für ein paar Kinder war es der erste Besuch in einem Museum überhaupt. Entsprechend groß wurden die Augen, als wir uns die farbintensiven Werke der Expressionisten Paul Klee und Karl Schmidt-Rottluff angesehen haben“, erzählt Birgit Bornemann lächelnd. 

Anregungen und eigene Ideen hielten die jungen Kursteilnehmer in ihren Skizzenbüchern fest, die mehr und mehr zu einem individuellen Märchenbooklet wurde. 

In den VHS-Räumen im Norderstedter Rathaus wurde anschließend weiter an den jeweiligen Szenenbildern gearbeitet, die zudem noch prächtige, goldfarbene Relief-Rahmen in Assemblage-Technik erhielten. Den krönenden Abschluss bildete eine kleine Ausstellung für Eltern und Geschwisterkinder.

„Ich bin ziemlich stolz auf meine Bilder. Die werde ich in meinem Zimmer aufhängen“, sagt Maximilian, der am liebsten Menschen und Comicfiguren mit Bleistift zeichnet. Mit bunten Acrylfarben zu arbeiten, war neu für ihn: „Das war interessant, aber ich bleibe lieber bei Schwarz-Weiß“, betont der Zehnjährige.

„Entscheidend für uns ist, einen Funken entfacht zu haben, der früher oder später zündet und Spaß an und mit Kunst auslöst“, bekräftigen Claudia Rüdiger und Birgit Bornemann – Theodor Storm und seiner Regentrude sei Dank.