Angstfrei kochende Männer und ihre "himmlische Wurstbude"

Norderstedt. Sie hat 52 Jahre auf der Achse, weist Kult-Charakter auf und macht alle satt: die „Himmlische Wurstbude“. Eigentlich sollte die letzte Reise des ehemals kircheneigenen Imbisswagens der Vicelin-Gemeinde auf dem Schrottplatz enden, doch vor sechs Jahren nahmen sich engagierte Männer – später auch Frauen – des heruntergekommenen Gefährtes an.

Genauer gesagt die Kochgruppe „Männer völlig angstfrei an den Herd“, die, einst von Pastor Michael Schirmer gegründet, seit 24 Jahren den irdischen Genüssen frönt. Jeden dritten Freitagabend im Monat wird in der Gemeindeküche an der Ecke Immenhorst/Glashütter Damm gerührt, gebrutzelt und gebraten. Rund 20 Herren zwischen 34 und 80 Jahren bereiten sich zum Selbstkostenpreis ein schmackhaftes Drei-Gänge-Menü zu. Gekocht wird nach Rezepten, die Michael Mieding ausarbeitet. Er ist Profi, kommt aus dem Hotelfach, und liegt mit seinen Kreationen immer richtig.

„Wir kochen gerne saisonal. Gerade steht Spargel hoch im Kurs – aber nur als Beilage“, sagt Thomas Kirsch mit einem Augenzwinkern, „schließlich geht es bei uns sehr fleischlastig zu.“ Eines der Highlights war die Wildschweinkeule mit Rotweinjus, die im Winter auf den großen Tisch kam – ein Schlemmermahl für alle begeisterten Hobbyköche.

Doch nicht nur in der Küche wollen die Herren etwas ausprobieren. Der ehemalige Imbisswagen, den die Kirche viele Jahre für Gemeindefeste nutzte, hatte es ihnen angetan. „Das gute Stück hatte schon lange keinen TÜV mehr und gammelte auf seinem Stellplatz vor sich hin,“ erinnert sich Johannes Stelzer. Als Kfz-Meister tat ihm beim Anblick das Herz weh und so nahm er sich in Abstimmung mit den anderen Küchenmeistern des historischen Gefährtes von 1971 an.

„Anfangs dachte ich, nach drei Wochenenden intensiver Arbeit bin ich fertig, aber dann erlebte ich eine böse Überraschung“, erzählt der 34-Jährige. Chassis, Bleche, Elektrik – alles war durchgerottet und kaputt. Aus der „kleinen“ Reparatur wurde eine aufwändige Restaurierung.

Um die anstehenden Kosten stemmen zu können, gründeten die Herren der Männerkochgruppe im April 2018 mit weiblicher Unterstützung einen konfessionsoffenen Verein und kauften den Wagen für einen symbolischen Euro von der Gemeinde. „Wir brauchten einen Namen, der die besondere Verbindung herstellt und den haben wir mit ‚Himmlische Wurstbude‘ sowohl für den Verein als auch für den Wagen gefunden“, sagt der 1. Vereinsvorsitzende Thomas Kirsch.

Über 1500 Arbeitsstunden und rund 10000 Euro stecken in dem Prunkstück, an dem seit April 2017 gewerkelt wurde. Von außen ein Hingucker in Himmelblau mit weißen Wölkchen, innen mit Grill, Fritteuse, Dönerspieß, Schaschlikpfanne und großem Suppentopf ausgestattet. „Alles ist modular und variabel aufgebaut, so dass je nach Einsatz das richtige Equipment an Bord gebracht werden kann“, so Thomas Kirsch.

Currywurst mit der hauseigenen Sauce, die in der Gemeindeküche kreiert wurde, und Pommes Frites seien der Renner in der „Himmlischen Wurstbude“. „Wir nutzen sie ehrenamtlich für kirchliche und private Aktivitäten, vermieten sie in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Quickborn an Vereine und werden am 1. Juli auch bei der Musikmeile auf dem Norderstedter Rathausmarkt dabei sein“, erklärt der Vereinsvorstand.

Maximal zwei Veranstaltungen im Monat seien möglich. „Bis zu 300 Leute bekommen wir satt“, versichert der 63-Jährige.

Drei Euro kostet eine Bratwurst, ebenso eine Portion Pommes – Essen für den guten Zweck, denn Geld will der Verein damit nicht verdienen. Rund 1500 Euro kommen pro Jahr durch die Wurstbude rein und werden an bedürftige Menschen weitergegeben. „In diesem Jahr haben wir mit jeweils 500 Euro den Neuen Kupferhof, die Tafelstiftung Schleswig-Holstein-Hamburg sowie den Hamburger Verein Freunde blinder und sehbehinderter Kinder unterstützt“, berichtet Kassenwart Rolf Krohn.

Andere glücklich zu machen, ob mit kulinarischen oder finanziellen Spezialitäten, sei das Ziel. Und doch gibt es eigene Wünsche. „Unser Verein hat aktuell 33 Mitglieder. Durch einige Neuzugänge könnten wir vielleicht einen Pizzaofen anschaffen – und eine Abzugshaube, denn vor allem im Sommer wird aus der Wurstbude schnell eine Sauna-Bude“, so Thomas Kirsch.