Angeblich haben sie nur zwei Outfits: Als Bäuerin tragen sie Kittel, Kopftuch und Gummistiefel bei der Stallarbeit sowie Kleid und Schürze im Haushalt, in der Küche und am Backofen – dieses Image haftet den Landfrauen oft noch an. „Doch dieses Klischee haben wir schon lange nicht mehr“, erklärt Christa Wildner.
Als Vorstandsmitglied des LandFrauenVereins Tangstedt und Umgebung muss sie es wissen. Die Exportkauffrau hatte mit Landwirtschaft nie etwas zu tun und vom Dorf ist die Norderstedterin auch nicht. Gleiches gilt für den Großteil der 178 Vereinsmitglieder, von den ein Drittel aus Duvenstedt, Wandsbek, Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Quickborn kommt. Nur wenige haben einen landwirtschaftlichen „Background“ wie Ingrid Hagemann, die früher einen Milchviehbetrieb in Wiemerskamp führte.
Vielmehr ist der LandFrauenVerein ein Forum für alle kreativen und selbstbewussten Frauen, bietet Weiterbildungs- und Kulturangebote, Kontakte und generationenübergreifendes Miteinander. „Unser jüngstes Mitglied ist Anfang 20, das älteste 94 Jahre“, berichtet Christa Wildner.
Jeden Monat gibt es ein bis zwei Veranstaltungen. Dazu zählen Vorträge etwa über Gesundheitsthemen und Erste Hilfe am Kind, digitale Nachmittage mit Fragen zu Smartphone und Tablet, Reiseberichte zum Beispiel von einem Handwerksgesellen über seine Wanderschaft, Workshops zur Wildbienen-Hilfe und Tanz-Treffs. „Wir sind für viele Themen offen und versuchen sie im Laufe eines Jahres zu realisieren“, sagt Hildegard Larsson aus Tangstedt und ergänzt mit einem Lächeln: „Wir kommen auch viel ‘rum.“
Die reiselustigen LandFrauen organisieren Tagesfahrten etwa nach Bleckede zum Magic Dinner oder auf eine Straußenfarm an der Ostsee. Kommenden September geht es nach Flachau in Österreich und im Dezember zum aufgezeichneten Weihnachtskonzert von Star-Geiger André Rieu ins Spektrum-Kino nach Norderstedt.
Die LandFrauen-Idee geht auf die Gutsfrau Elisabet Boehm in Ostpreußen zurück, die am 2. Februar 1898 den ersten landwirtschaftlichen Hausfrauenverein ins Leben rief. Vor allem mit Bildungsangeboten wollte sie die Berufs- und Arbeitsverhältnisse von Frauen im ländlichen Raum verbessern und ihnen eine Aus- und Weiterbildung ermöglichen. 1948 gründet sich der Deutsche LandFrauenverband. Mit 22 Landesverbänden bietet er ein Netzwerk für rund 450000 Frauen, setzt sich für die Vereinbarung von Familie und Beruf ein und bietet zum Beispiel Tagesseminare zu Redekompetenz und den Aufbau einer Website.
Gerade für Neu-Zugezogene sind die LandFrauen eine gute Möglichkeit, um schnell Anschluss in einer aktiven Gesellschaft zu bekommen. Mit 40 Euro Jahresbeitrag ist frau bei den Tangstedterinnen dabei.
Um eines kommen die Power-Frauen jedoch nicht herum und erfüllen damit unfreiwillig doch das Klischee. „In Tangstedt werden unsere Beiträge zu den Kuchenbüffets auf regionalen Veranstaltungen regelrecht erwartet“, erzählt Heidi Wormuth mit einem Schmunzeln. Mit bis zu 30 verschiedenen Torten – eine schöner als die andere – und leckeren Kuchen sind die LandFrauen regelmäßig beim Ernte Dank-Fest auf Hof Trau, beim Weihnachtsbasar der Gärtnerei Jenkel und auf dem Weihnachtsmarkt im Pastorpark vertreten. „Vor allem unsere legendären ‚Pförtchen‘, das sind fluffige Hefe-Bällchen, gehen schneller weg, als wir sie backen können“, sagt Gerlinde Fahs lachend.