Spektakulärer Moschee-Neubau: Preisexplosion und Spendenmangel

Norderstedt. Sie ist die vielleicht spektakulärste Langzeitbaustellen in Norderstedt: Im Gewerbegebiet In de Tarpen, an der Landesgrenze zu Hamburg, entsteht aktuell die neue Eyüp Sultan Moschee. Der Grundstein wurde bereits im Herbst 2020 gelegt, doch der Bau des imposanten Gebäudes, das weltweit einzigartig sein wird, kommt nur schleppend voran.

„Der Rohbau ist zu 80 Prozent vollendet. Im August/September soll er fertig sein“, hatte der Architekt Selcuk Ünyilmaz dem Abendblatt im Juni 2022 gesagt. Das gesamte Gebäude würde dann in einem Jahr fertig sein. Doch davon kann keine Rede mehr sein. Das anspruchsvolle Projekt zieht sich deutlich in die Länge.

Wie auch andere Bauherren leidet die türkisch-islamische Gemeinde unter stark gestiegenen Kosten für Baumaterial. Da helfen Einkaufsrabatte, die einige Bauunternehmer gewähren, nur minimal. „Seit Anfang der Corona-Pandemie ist der Stahlpreis ist von 900 auf 2100 Euro pro Tonne explodiert. Und allein im Kellergeschoss sind 40 Tonnen Stahl verbaut“, berichtet der erste Vorsitzende Kemal Özer.

Rund fünf Millionen Euro stecken bereits in dem 2000 Quadratmeter großen, dreigeteilten Gebäudekomplex – ursprünglich war mit vier Millionen kalkuliert worden.

Um die Kosten zu minimieren, wurden Teile der Fassade mit weißem Klinker versehen, anstatt sie wie geplant weiß zu verputzen. „Das ist langfristig nicht nur pflegeleichter, sondern auch deutlich wirtschaftlicher“, erklärt Özer. Mittlerweile steht der Rohbau, das Dach ist größtenteils geschlossen. In den Sozialräumen sind Fenster, Sanitäranlagen und Energieleitungen eingebaut.

„Da alles über Spenden finanziert wird, können wir nur weiterbauen, wenn genügend Geld vorhanden ist, da wir keine Millionen auf dem Konto liegen haben“, erklärt der Zweite Vorsitzende Ömer Cevikol und betont, dass es weder eine Förderung von der Stadt, noch Finanzierer aus dem Ausland gäbe.

Leider sei die Spendenbereitschaft bei den 330 Gemeindemitgliedern und weiteren Gläubigen bundesweit gesunken. Schuld seien höhere Verbraucher- und Energiepreise. „Das Geld sitzt nicht mehr so locker, daher ist es wichtig die Motivation bei allen Beteiligten hochzuhalten und immer wieder zu betonen, dass wir etwas Einzigartiges bauen“, so Cevikol. 

Der Gebetsraum für etwa 350 Gläubige erhält eine prächtige Fassade aus ornamentiertem Glas sowie eine Glaskuppel in Form einer Träne. Zwei Minarette sollen über integrierte Windkraftanlagen verfügen. Das innovative Energiekonzept wird zudem mit einem Eisspeicher und Wärmepumpen ergänzt. In den zwei direkt anschließenden Gebäudeteilen wird es eine Wohnung für den Imam geben, Schulungs- und Projekträume für Jugend und Frauenrat sowie einen großen Supermarkt und ein Café einer bekannten Bäckereikette mit direktem Blick durch eine Glaswand in den Gebetsraum.

„Wir wollen ein offenes Haus für alle und eine Begegnungsstätte verschiedener Kulturen sein. Wir möchten Musik- und Nachhilfeunterricht anbieten und die Räumlichkeiten auch an Interessensgemeinschaften und Institutionen vermieten“, betont Cevikol. Das sei wichtig, um den Monumentalbau in der Zukunft wirtschaftlich betreiben zu können.

Um den Innenausbau finanzieren zu können, sollen in absehbarer Zeit eine Rohbauparty und ein Wohltätigkeitsbasar stattfinden – die Fertigstellung der Moschee bleibt jedoch in weiter Ferne.

Bis dahin finden weiterhin Veranstaltungen auf dem Gelände statt. So kommen zum Freitagsgebet über 100 Gläubige aus Norderstedt, Langenhorn und Hummelsbüttel – und auch von auswärts. „Erst kürzlich war ein Dachdecker aus Bremen zu Gast, der uns im Anschluss an das Freitagsgebet spontan Hilfe angeboten hat, die wir gerne angenommen haben“, freut sich Ömer Cevikol.

Nach dem Abriss der alten Moschee 2019 und in den Anfängen der Baustelle für das neue Gebäude, mussten die Gläubigen bei Wind und Wetter in Zeltpavillons und sogar im Freien beten. Inzwischen können sie auf der Fläche des zukünftigen Supermarktes ihre Gebetsteppiche ausrollen – dort ist es zwar kalt, aber wenigstens trocken. Das alte rote Backsteingebäude, das bislang vom Frauenrat genutzt wird, soll im Laufe der Bauarbeiten abgerissen werden, zudem erhält das Grundstück Stellplätze und wird parkartig umgestaltet.